Das Komitee der Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben» begrüsst die vom Gemeinderat beschlossene Fristverschiebung auf den 15. Januar 2025, nachdem 1’600 Unterschriften abhandengekommen sind. Es hält jedoch fest, dass diese Massnahme den entstandenen Schaden für das Volksbegehren und die direkte Demokratie bei weitem nicht ausgleichen kann. Das Komitee intensiviert nun die Unterschriftensammlung und ruft dazu auf, die Initiative je nach Zeitpunkt der ersten Unterschrift, ein zweites Mal zu unterzeichnen.
Das Initiativkomitee für „einen Lohn zum Leben“ in der Stadt Bern begrüsst zwar den Entscheid des Gemeinderats, die Sammelfrist neu anzusetzen. Doch der Schaden für die Initiative ist damit nicht wiedergutgemacht. Der Verlust der Unterschriften stört den Sammelprozess erheblich. Er führte zu grosser Verunsicherung bei den Stimmberechtigten und Initiant:innen und verursachte Verzögerungen sowie Unterbrechungen, zumal viel Zeit bis zum Beschluss des Gemeinderates verging.
Hinzu kommt, dass es trotz der Fristverschiebung schwierig sein wird, rund 30 Prozent der benötigten 5‘000 Unterschriften ein zweites Mal zu sammeln und gleichzeitig sicherzustellen, dass das Begehren nicht fälschlicherweise doppelt unterzeichnet wird. Ein weiteres Problem stellt der nationale Skandal um gefälschte Unterschriften dar: Die Stimmberechtigten sind skeptischer geworden, was die Sammlung zusätzlich erschwert. Dies, obschon die Organisationen und Parteien, die hinter dem Volksbegehren stehen, keinen Gebrauch von bezahlten Unterschriften machen und keine Daten weitergeben.
Daher hatte das Komitee von der Stadt verlangt, die Rechte der 1‘600 Unterzeichner:innen zu wahren, die verlorenen Unterschriften für gültig zu erklären und damit das Vertrauen in das Funktionieren der direkten Demokratie wieder herzustellen. Dass die Stadtregierung den Schaden nun anerkennt, aber die Forderung nach einer Gültigkeitserklärung der Unterschriften nicht erfüllt, ist für das Komitee enttäuschend.
Nochmals unterschreiben und Volksrechte schützen
Trotz der Benachteiligung des Volksbegehrens will das Komitee alles daransetzen, die Mindestlohn-Initiative noch in der alten Frist einzureichen. Es appelliert zum einen an all jene Stimmberechtigten, die das Volksbegehren bereits im Mai bis 15. Juli unterzeichnet haben: Sie werden gebeten, ihre Unterschrift ein zweites Mal unter dem Volksbegehren zu setzen.
Zum anderen ruft das Komitee die Stadtberner Bevölkerung auf, sich jetzt erst recht an der Unterschriftensammlung zu beteiligen – und zwar nicht nur aus sozialpolitischen, sondern auch aus demokratiepolitischen Gründen.
Sozialpolitisch ist ein Mindestlohn wichtig, da es in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz inakzeptabel ist, dass Menschen trotz eines 100-Prozent-Jobs nicht davon leben können. Demokratiepolitisch ist das Zustandekommen der Initiative im vorliegenden Fall besonders bedeutsam, weil es nicht sein darf, dass ein Volksbegehren scheitert, weil Behörden und Justiz nicht in der Lage sind, die Integrität des initiativrechtlichen Sammelprozesses zu schützen.
Staatshaftungsklage wird geprüft
Vor diesem Hintergrund schliesst das Komitee weiterhin nicht aus, rechtliche Schritte gegen die Stadt Bern geltend zu machen. Im Vordergrund steht derzeit die Möglichkeit einer Staatshaftungsklage mit Schadenersatzforderungen.
Weitere Auskünfte:
- Michael Spahr, Leiter Kommunikation und Kampagnen SEV: 076 361 93 41
- Stefan Wüthrich, Co-Präsident Gewerkschaftsbund Stadt Bern und Umgebung: 079 642 85 64
- Lena Allenspach, Co-Präsidentin SP Stadt Bern: 079 814 12 11
- Ursina Anderegg, Co-Präsidentin Grünes Bündnis Bern: 079 754 49 51
- Matthias Humbel, Co-Präsident Grüne Freie Liste Bern: 078 845 07 99
- Raffael Joggi, Stadtrat Alternative Linke Bern: 079 437 02 94
- Matteo Micieli, Stadtrat PdA-Bern: 0764392912
- Jakub Walczak, Co-Präsident*in JUSO Stadt Bern: 079 123 88 12
- Elia Gerber, Junge Alternative JA!: 079 425 20 58
- Michel Berger, Regionalsekretär VPOD Bern Städte Gemeinden Energie: 079 252 71 81