Heute reichen die Fraktionen SP/JUSO, GFL, GB/JA! sowie AL/PdA/TIF im Berner Stadtrat eine breit abgestützte Motion ein, die der Stadt Bern ein wegweisendes Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe bringen soll. Mit dem Vorstoss soll Bern schweizweit zur Vorreiterin in der kommunalen Gleichstellungspolitik werden.
Ein umfassender, strukturverändernder Ansatz
Das vorgeschlagene Reglement geht weit über bestehende Regelungen auf Stadt-, Kantons- oder Bundesebene hinaus. Ziel ist nicht nur das Verbot von Diskriminierung, sondern auch die aktive Bekämpfung von Diskriminierung – auf individueller, institutioneller und struktureller Ebene.
Der vorgeschlagene Diskriminierungsbegriff ist deutlich umfassender als auf Bundesebene: So sollen neu etwa auch Diskriminierungen aufgrund des fehlenden Anwesenheitsrechts, des Aufenthaltstitels, der sozialen Stellung und aufgrund von Armut, der Schwangerschaft, der Elternschaft, des Zivilstandes, der Weltanschauung und der politischen Überzeugung, der Sprache, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, einer genetischen Disposition, des Lebensalters und der Zugehörigkeit zu einer Generation, des Körpergewichts sowie der reisenden Lebensweise und weiterer Diskriminierungskategorien systematisch anerkannt und verhindert werden.
Auch mehrdimensionale oder indirekte Diskriminierungen – also solche, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren ergeben oder strukturell wirken – sollen klar erfasst und berücksichtigt werden.
Konkrete Massnahmen statt Symbolpolitik
Antidiskriminierung soll kein Lippenbekenntnis bleiben, die Stadt Bern kann und soll Vorbild sein für andere Städte – mit einem mutigen, umfassenden Diskriminierungsschutz.
Kern des Vorschlags ist ein Reglement, das neben einem Verfassungsauftrag (Anpassung der Gemeindeordnung) auch die konkrete Umsetzung sicherstellt – strukturell, institutionell und individuell.
Die Stadt verpflichtet sich damit zu:
- einer städtischen Fachstelle zur Bekämpfung von Diskriminierung mit klar definiertem Auftrag, Koordinationsverantwortung und Analysekompetenz;
- einer unabhängigen Anlaufstelle für diskriminierte Personen sowie dem offenen Zugang zur städtischen Ombudsstelle;
- der Schaffung einer Fachkommission für Diskriminierungs- und Teilhabefragen, die gesellschaftliche Entwicklungen analysiert und zu wichtigen Themen öffentlich Stellung bezieht;
- der Einführung einer verwaltungseigenen Fachkonferenz, die die Zusammenarbeit über Direktionen hinweg sicherstellt und z.B. auch algorithmische Diskriminierung ins Auge fasst;
- der Verpflichtung zu Schulungen, Diversitätsprogrammen, Monitoring, Förderung der Erinnerungskultur und Übersetzungspflichten – um die Umsetzung in der Praxis zu gewährleisten.
Das Reglement verpflichtet die Stadt ausserdem dazu, auch in Bereichen wie Subventionen, Beschaffung oder Konzessionen diskriminierungsfreie Kriterien anzuwenden – und strukturelle Hürden systematisch abzubauen.
Breite Unterstützung – bei unterschiedlichen Vorstellungen zur Umsetzung
Der Vorstoss wird von einem breiten politischen Spektrum getragen. Dennoch gibt es unter den Unterstützer:innen unterschiedliche Auffassungen zur konkreten Ausgestaltung der Umsetzung.
Die einreichenden Fraktionen sind sich aber einig: Die Stadt Bern kann mit diesem Vorstoss ein starkes Zeichen setzen und dazu beitragen, Diskriminierung in all ihren Formen zu bekämpfen und sich für eine inklusive, gerechte Stadt für alle einsetzen. Gerade in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung ist der Aufbau struktureller Schutzmechanismen ein zentraler Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Demokratie.
Kontakte für Rückfragen:
- Barbara Keller, Stadträtin SP: 079 786 15 71, barbara-keller@hotmail.com
- Mirjam Roder, Stadträtin GFL: 078 827 29 89, mirjam.roder@gmail.com
- Anna Leissing, Co-Präsidentin GB: 079 306 52 72, anna.leissing@gmx.ch
- Raffael Joggi, Stadtrat AL: 079 437 02 94, r.joggi@al-be.ch